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3. Kapitel: Der Aufbau der kommunistischen Gesellschaft

a) Die kommunistische konstruktive Hauptetappe

Die kommunistische Revolution ist eine relativ kurze Phase drastischer Veränderungen. Die Umwälzung der Machtverhältnisse in Politik und Ökonomie führt aber nicht direkt zur kommunistischen Gesellschaft. Dazu ist eine ruhigere Phase des kommunistischen Aufbaus nötig.

In der kommunistischen revolutionären Hauptetappe wird die Macht der Ausbeuter beseitigt. Aber unabhängig davon, auf welche Weise dies geschieht, ist die Gesellschaft, sind die Menschen danach noch immer von den Werten der alten Ausbeutergesellschaft geprägt. Gemeinschaftlichkeit und Bewusstheit sind noch nicht gesellschaftsbestimmend, daher ist die Gesellschaft noch nicht autoregulativ, die kommunistische Entwicklung ist noch nicht sichergestellt. Die nach wie vor große Bereitschaft vieler Menschen, andere Menschen auszubeuten, der immer noch vorhandene Konkurrenzgedanke erfordern es, die Macht mit der Beseitigung der Macht der Ausbeuter nicht völlig abzuschaffen, sondern sie durch die Macht der Kommunisten zu ersetzen. Solang die Gesellschaft nicht das nötige Maß an Gemeinschaftlichkeit und Bewusstheit besitzt, sich von selbst dagegen zu schützen, muss kommunistische Macht angewandt werden, um zu verhindern, dass alte Ausbeuter an die Macht zurückkehren oder neue Ausbeuter sich neue Macht schaffen. Die meisten Menschen müssen erst lernen, dass sie sich nur durch bewusste Gemeinschaftlichkeit gegen Ausbeutung schützen können. Und sie müssen erst lernen, sich auch dagegen schützen zu wollen.

Die kommunistische Gesellschaft basiert auf der Wirkung von Gemeinschaftlichkeit und Bewusstheit. Ihre Strukturen und Mechanismen reproduzieren zwar Gemeinschaftlichkeit und Bewusstheit, setzen sie aber gleichzeitig voraus. Daher ist es nicht möglich, sofort mit der kommunistischen Revolution alle kommunistischen Strukturen und Mechanismen in volle Funktion zu setzen. Zwar könnten sie formal deklariert werden. Sie wären aber nicht arbeitsfähig und würden zusammenbrechen und so zum Verlassen der kommunistischen Orientierung führen.

Würden im Gegensatz dazu die kommunistischen Strukturen und Mechanismen ignoriert und die Gesellschaft von den Kommunisten wie eine Ausbeutergesellschaft beherrscht werden, so würden dadurch Gemeinschaftlichkeit und Bewusstheit nicht reproduziert werden, sondern die Werte der Ausbeutergesellschaft. Und seien die Ziele noch so edel, der Kommunismus könnte nie erreicht werden, da Gemeinschaftlichkeit und Bewusstheit nie gesellschaftsbestimmend werden würden. Früher oder später würde so die kommunistische Orientierung verlassen werden.

Gemeinschaftlichkeit und Bewusstheit sind nicht nur Voraussetzung kommunistischer Strukturen und Mechanismen, sondern auch ihre Produkte. Sie können also dadurch auf das für die kommunistische Gesellschaft nötige Maß gebracht werden, dass das schon vorhandene Maß voll ausgeschöpft wird, um kommunistische Strukturen und Mechanismen soweit wie möglich formal einzuführen, so dass sie arbeitsfähig sind. Damit beginnt ein dialektischer Entwicklungsprozeß, in dem der kommunistische Charakter der Gesellschaft immer ausgeprägter wird, da die in Funktion gesetzten kommunistischen Strukturen und Mechanismen die Basis für weitere kommunistische Strukturen und Mechanismen produzieren, die ein höheres Maß an Gemeinschaftlichkeit und Bewusstheit benötigen.

Die Entstehung einer kommunistischen Gesellschaft aus einer kommunistisch revolutionären Gesellschaft ist also eine Evolution, in der durch Veränderung des Überbaus die Basis der Gesellschaft verändert wird, womit eine weitere Veränderung des Überbaus möglich wird. Die Evolution von Gemeinschaftlichkeit und Bewusstheit ist nur gleichzeitig mit der Evolution der kommunistischen Gesellschaft möglich und umgekehrt.

Der Aufbau der kommunistischen Gesellschaft ist ein dialektischer Prozeß der Herausbildung der individuellen und gesellschaftlichen Sozialökonomik und Kultur von Gemeinschaftlichkeit und Bewusstheit, in dem die kommunistische Machtausübung zur Negation der Macht selbst verwendet wird.

Das ist die konstruktive Hauptetappe der kommunistischen Gesellschaft. Sie ist die bei weitem schwierigste und gefährlichste der Hauptetappen der kommunistischen Gesellschaft. Hier entscheidet sich deren Schicksal. Wenn sie mißlingt, waren Vorbereitung und Revolution vorerst umsonst. Solang sie dauert, sind die Kommunisten gezwungen, Macht auszuüben. Und je länger sie Macht ausüben, um so größer wird die Gefahr, dass sie sich im Machtdenken verfangen, dass sie den Verlockungen der Macht erliegen und darüber ihr Ziel vergessen. Die einzige Möglichkeit, dieser Gefahr zu entgehen, besteht darin, dass die Kommunisten von Anfang an ein Maximum an Macht niederlegen. Sie müssen sich auf das zum Erhalt der kommunistischen Orientierung absolut nötige Maß an Machtausübung beschränken und ständig an ihrer eigenen Entmachtung arbeiten. Scheitern sie an dieser Forderung, so scheitert ihr gesamtes gesellschaftliches Projekt.

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b) Die kommunistische Negation der politischen Macht

Die kommunistische revolutionäre Hauptetappe bedeutet die Übernahme der politischen Macht durch die Kommunisten. Die kommunistische Revolution beseitigt also die Spaltung der Gesellschaft in Machtausübende und Machterfahrende nicht, sondern ordnet nur die Einteilung der Gesellschaft neu. Die Aufgabe der kommunistischen konstruktiven Hauptetappe muss folglich die Überwindung dieser Spaltung sein.

Die Kommunisten rechtfertigen ihren Machtanspruch gegenüber den anderen Menschen während der kommunistischen konstruktiven Hauptetappe damit, dass ihr Niveau von Gemeinschaftlichkeit und Bewusstheit hoch genug ist, um die kommunistische Gesellschaft aufzubauen. Da bei den anderen Menschen Gemeinschaftlichkeit und Bewusstheit noch nicht dafür ausreichen, würde eine sofortige Beseitigung der politischen Macht zum Verlust der kommunistischen Orientierung führen. Da die Menschen Gemeinschaftlichkeit und Bewusstheit aber nur entwickeln, wenn sie sie auch erfahren, müssen die Kommunisten in jedem Entwicklungsabschnitt das mögliche Maximum an politischer Macht abgeben. Sie müssen also möglichst viele politische Aufgaben zur Sache der gesamten Gesellschaft machen, deren Ausführung damit nicht mehr mit Machtausübung verbunden ist. So wie dieser Prozeß der Vernichtung der politischen Macht fortschreitet, nimmt die objektive Kluft zwischen Kommunisten und anderen Menschen ab.

Dieser Prozeß kann die politische Spaltung der Gesellschaft allerdings nicht direkt beenden, denn nur die Kommunisten können und wollen auch die kommunistische Orientierung der Gesellschaft erhalten, daher können sie auf diese Art nicht ihre gesamte politische Macht aufgeben. Aber da durch diesen Prozeß auch unter den anderen Menschen Gemeinschaftlichkeit und Bewusstheit gefördert werden, wird auch die subjektive Kluft geringer, werden die Menschen immer mehr für den Kommunismus gewonnen, werden also zu Kommunisten. So erhöht sich der Anteil der Kommunisten an der Gesellschaft ständig, womit auch die Notwendigkeit von Machtausübung ständig abnimmt, da Kommunisten gegeneinander in keiner der kommunistischen Hauptetappen Macht ausüben dürfen. Indem die Kommunisten zum Hauptteil der Gesellschaft werden, wird die politische Machtausübung gegenstandslos. Sie verschwindet und wird durch die politischen Strukturen und Mechanismen der kommunistischen Gesellschaft vollständig abgelöst.

Die Negation der politischen Macht ergibt sich dadurch, dass sich die Gruppe der politisch machtausübenden Kommunisten funktionell dissipativ und personell integrativ immer weiter ausdehnt, so dass sie schließlich mit der gesamten Gesellschaft identisch wird.

Das ist das politische Element der konstruktiven Hauptetappe der kommunistischen Gesellschaft. Es ist kein Automatismus, es muss durch bewusstes Handeln ermöglicht werden, indem die Kommunisten ihre Macht gegen ihre eigene Macht einsetzen. Gelingt es den Kommunisten nach ihrer Machtübernahme nicht, wenigstens innerhalb eines mittleren Zeitraumes die Mehrheit der Menschen für sich zu gewinnen, so werden sie schließlich entsprechend der gesellschaftlichen Entwicklungsgesetze ihre Macht durch eine von den enttäuschten Massen unterstützte Konterrevolution verlieren, oder sie entwickeln ein EliteBewusstsein und werden schließlich selbst zu Konterrevolutionären, zu Ausbeutern. Ein Scheitern in dieser Phase bedeutet einen schweren Rückschlag, da das gesellschaftliche Ansehen der Kommunisten schwer geschädigt wird, das Vertrauen in ihre Fähigkeit, eine Gesellschaft zu organisieren, wird stark erschüttert. Dies ist die notwendige Folge, wenn die kommunistische Theorie nicht beziehungsweise nicht konsequent genug angewandt wird. Inkonsequente kommunistische Versuche müssen scheitern und sind dann lediglich nur noch dazu zu gebrauchen, die Ursachen des Scheiterns festzustellen, um Fehler zukünftig zu vermeiden.

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c) Die kommunistische Negation der ökonomischen Macht

Die kommunistische Revolution beseitigt noch nicht die sozialökonomische Spaltung der Gesellschaft in Klassen. Durch die Umwälzung der Eigentumsverhältnisse verlieren die Ausbeuterklassen zwar die ökonomischen Instrumente, um andere Menschen auszubeuten, und damit verlieren sie gleichzeitig auch die materielle Grundlage für ihre Existenz als Ausbeuterklassen. Jedoch besteht dafür noch immer eine ideelle Grundlage. Die ehemaligen Ausbeuter besitzen noch immer ihr KlassenBewusstsein. Sie betrachten sich großenteils noch immer als Elite der Gesellschaft. Sie suchen weiter nach Möglichkeiten, an die Macht zurückzukehren, aber auch nach neuen Ausbeutungsmöglichkeiten, die unter den neuen Machtverhältnissen eventuell bestehen. Sie drängen daher in das noch bestehende Kleinbürgertum und die Intelligenz.

Die kommunistische Revolution ändert zwar die Eigentumsverhältnisse, nicht aber die Struktur der gesellschaftlichen Arbeitsteilung. Die Spaltung der Werktätigen in verschiedene Klassen, die in unterschiedlichen Bereichen der Ökonomie unter unterschiedlichen Einkommensbedingungen arbeiten, ist noch nicht aufgehoben.

Es gibt Gruppen, die vorwiegend mit eigenem Privateigentum an Produktionsmitteln arbeiten und Gruppen, die mit nun vergesellschafteten Produktionsmitteln arbeiten. Diese ökonomisch grundlegende, horizontale Trennlinie trennt das Kleinbürgertum, einschließlich der selbständigen Bauern, von der Arbeiterklasse.

Innerhalb beider Klassen gibt es Gruppen, die vorwiegend direkt an der Produktion materieller Güter arbeiten und Gruppen, die diese unmittelbare Produktion wissenschaftlich und organisatorisch vorbereiten, begleiten und nachbereiten oder andere ideelle Güter herstellen. Diese vertikale Unterteilung verläuft durch Arbeiterklasse und Kleinbürgertum hindurch und trennt die Arbeiter beziehungsweise die selbständigen Handwerker und Bauern von der Intelligenz.

Für eine ökonomisch entwickelte Gesellschaft ist die Industrie die Basis der gesamten Wirtschaft, und damit ist die Arbeiterklasse die wichtigste Klasse. Durch die revolutionäre Vergesellschaftung der großen, gesellschaftlich genutzten Produktionsmittel der Industrie und weiterer Wirtschaftsbereiche erlangen die Kommunisten die Möglichkeit, auf ökonomischem Wege Macht, im wesentlichen über die Arbeiterklasse, auszuüben, da sie jetzt an der Spitze der Arbeiterklasse als organisatorische Intelligenz über die Produktionsmittel verfügen. Sie benutzen ihre Macht aber nicht gegen die Arbeiterklasse, wie in einer Ausbeutergesellschaft, sondern im Gegenteil im Interesse der vormals Ausgebeuteten, also der Arbeiterklasse, zu der sie als organisatorische Intelligenz jetzt ja selbst gehören. Doch die Arbeiterklasse ist nicht selbst Eigentümer der Produktionsmittel, ihr Einfluß auf die Produktion und Verteilung ist immer noch nur indirekt, über die kommunistische Intelligenz, gegeben.

Der Aufbau der kommunistischen Gesellschaft ist mit der umfassenden Industrialisierung aller ökonomischen Bereiche, einschließlich Landwirtschaft und Handwerk, verbunden. Damit wird die Kleinproduktion immer seltener beziehungsweise sie wird in einen ökonomischen Gesamtmechanismus eingebaut und verliert damit den Charakter der Vereinzelung, das Privateigentum an Produktionsmitteln wird auch hier aufgelöst. So werden immer mehr Funktionen des Kleinbürgertums von der Arbeiterklasse übernommen. Durch den Wegfall des kleinbürgerlichen beziehungsweise bäuerlichen Kleineigentums entfällt für das Kleinbürgertum die Bindung an Privateigentum und damit zuerst materiell, später auch ideell die Tendenz zur Ausbeutung. Indem es in den Arbeitsprozeß der Arbeiterklasse überführt wird, wird das Kleinbürgertum letztlich selbst in die Arbeiterklasse integriert. Damit entfällt die horizontale Spaltung der Gesellschaft und damit sowohl Notwendigkeit als auch Möglichkeit ökonomischer Machtausübung in der Gesellschaft in dieser Richtung.

Der Aufbau der kommunistischen Gesellschaft ist wesentlich dadurch bestimmt, dass die gesellschaftlich relevante Entscheidung einzelner durch die Entscheidung vieler und schließlich aller abgelöst wird. Das bedeutet, dass die Menschen und speziell die Arbeiterklasse immer mehr an der Organisation der Ökonomie beteiligt werden, ein Resultat des 1. kommunistischen ökonomischen Hauptfunktionsprinzips. Damit einher geht als Notwendigkeit die systematische Steigerung des Bildungsniveaus der Menschen als Voraussetzung verantwortungsvoller, bewusster Entscheidung.

Entscheidend für die kommunistische Entwicklung ist die ständige Effektivierung des ökonomischen Prozesses, die ständige Verbesserung der Qualität der Arbeit. Damit sinkt ständig die Notwendigkeit unmittelbarer Produktionsarbeit. Die in der Produktion freigesetzte Arbeitskraft wird zunehmend in die intelligenzspezifischen Arbeitsbereiche Wissenschaft und Organisation verlagert, ein Resultat des 3. kommunistischen ökonomischen Hauptfunktionsprinzips. Die Arbeiterklasse insgesamt übernimmt also immer mehr Funktionen der Intelligenz. Da das spezifische Arbeitsfeld der Intelligenz immer mehr zur Gesamtaufgabe der Arbeiterklasse wird, wird auch die Intelligenz immer weiter in die Arbeiterklasse integriert und verliert schließlich die eigene Identität. Dies wird in entgegengesetzter Richtung auch dadurch begünstigt, dass nicht nur organisatorische, sondern auch direkte Produktionsaufgaben mit allgemeiner Bedeutung zu gesamtgesellschaftlichen Arbeitsaufgaben außerhalb des spezialisierten ökonomischen Hauptprozesses werden. Damit entfällt die vertikale Spaltung der Gesellschaft und damit sowohl Notwendigkeit als auch Möglichkeit ökonomischer Machtausübung in der Gesellschaft in dieser Richtung.

Der Aufbau der kommunistischen Gesellschaft ist also ein Prozeß des Wachstums der Arbeiterklasse durch letztlich völlige Integration anderer Klassen und innerer Schichten. Es ist aber sowohl Voraussetzung als auch Folge dieses Wachstums, dass sich die Arbeiterklasse selbst drastisch verändert. Sie wird reichhaltiger und anspruchsvoller, sie wächst nicht nur zahlenmäßig, sondern auch in Verantwortung, Interesse und Intelligenz. Durch die Zunahme ihrer gesellschaftlichen Verantwortlichkeit und die Erhöhung des geistigen Anspruchs als Folge ihres qualitativen Wachstums wächst ihre Bewusstheit. Durch die Angleichung der gesellschaftlichen Interessen als Folge ihres quantitativen Wachstums wächst ihre Gemeinschaftlichkeit. Es entsteht eine Gesellschaft aus bewusst gemeinschaftlich entscheidenden, arbeitenden und lebenden Menschen. Mit der Integration von Kleinbürgertum und Intelligenz hört damit auch die Arbeiterklasse selbst auf, als eigenständige Klasse zu existieren.

Die Negation der ökonomischen Macht ergibt sich dadurch, dass sich die Arbeiterklasse funktionell und personell integrativ immer weiter ausdehnt, so dass sie schließlich mit der gesamten Gesellschaft identisch wird.

Das ist das ökonomische Element der konstruktiven Hauptetappe der kommunistischen Gesellschaft. Die dadurch beschriebene gesellschaftliche Integration trifft auch die ehemaligen Ausbeuter, die in letzter Konsequenz keine anderen ökonomischen Möglichkeiten mehr finden, als schließlich wie jeder andere auch zu arbeiten. Ein großer Teil wird allerdings versuchen, durch kriminelle Handlungen weiterhin ökonomische Macht zu gewinnen oder zu erhalten. Diese Kriminellen werden wie andere Kriminelle auch behandelt. In letzter Konsequenz kann das für sie den Ausschluß aus der Gesellschaft bedeuten. Ein weiterer großer Teil wird sich selbst aus der Gesellschaft ausschließen und das Exil wählen, also auf nichtkommunistischem Territorium sein Glück versuchen. Jeder dieser Fälle bedeutet aber, dass am Ende der konstruktiven Hauptetappe keine Klasse der Ausbeuter in der nun kommunistischen Gesellschaft mehr existiert. Die Spaltung in Elite und Masse ist überwunden, die Gesellschaft ist zu einer bewussten Gemeinschaft einzelner Individuen geworden.

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d) Die kommunistische Negation der kulturellen Macht

Die politische und ökonomische Spaltung einer Gesellschaft bedeutet immer auch eine kulturelle Spaltung. Eine solcherart gespaltene Gesellschaft ist von einer Vielzahl kultureller Privilegien für die politisch und ökonomisch Bevorzugten geprägt. Viele dieser kulturellen Privilegien, wie das Bildungsprivileg und das Nationalitätsprivileg, lassen sich nicht in einer Revolution beseitigen. Sie bestehen trotz der Revolutionierung der politischen und ökonomischen Verhältnisse fort und können nur in einem längeren Aufbau- und Entwicklungsprozeß überwunden werden.

Kulturelle Privilegien sind meist nicht nur Sonderrechte, die sehr wohl in einer Revolution abgeschafft werden können, sondern auch spezielle Zustände, Fähigkeiten und Eigenschaften, die sich durch den Gebrauch von Sonderrechten entwickeln und auch nach dem Wegfall dieser Sonderrechte noch bestehen bleiben. Viele dieser Privilegien versetzen die Privilegierten, auch nach dem Wegfall der Sonderrechte, in die Lage, Macht auszuüben. So liefert das Bildungsprivileg den Privilegierten das Wissen, die Unterprivilegierten, Unwissenden zu manipulieren und zu betrügen. Das Nationalitätsprivileg gibt den Privilegierten die Möglichkeit, die Menschen nationalistisch aufzuhetzen, in einer kommunistisch orientierten Gesellschaft speziell dadurch, dass die Kommunisten nicht selbst eine Nationalität definieren.

Auch die Kommunisten selbst besitzen ein kulturelles Privileg, das ihnen die Machtausübung in der konstruktiven Hauptetappe der kommunistischen Gesellschaft erst erlaubt, nämlich das Wissen über die Grundlagen, Strukturen und Mechanismen der kommunistischen Gesellschaft und ihre in der kommunistischen präparativen Hauptetappe entwickelte eigene kommunistische Organisation.

Die meisten kulturellen Privilegien repräsentieren Errungenschaften einer Elite, die nach dem kommunistischen Grundprinzip der Gemeinschaftlichkeit allen Menschen gleichermaßen zur Verfügung stehen sollten. Daher muss die unterprivilegierte Masse der vormals ausgebeuteten Menschen solang speziell kulturell gefördert werden, bis sie aufhören, unterprivilegiert zu sein. Damit verschwindet das betreffende kulturelle Privileg nicht durch Entzug für die Privilegierten, durch Nivellierung nach unten, sondern durch Angleichung des gesellschaftlichen Niveaus nach oben.

Die meisten kulturellen Privilegien repräsentieren Werte der Ausbeutergesellschaft. Daher kann der kulturelle Angleichungsprozeß nicht nur ein quantitatives Wachstum des Kulturniveaus sein. Die Kultur muss dabei auch so verändert werden, dass sie den kommunistischen Werten entspricht. Daher muss die kulturelle Förderung in diesem Sinne auch die alten Privilegierten treffen. Einige kulturelle Privilegien lassen sich sogar überhaupt nicht mit der kommunistischen Kultur vereinbaren, die entsprechenden Errungenschaften werden von der kommunistischen Kultur nicht benötigt. Durch Entwicklung der kommunistischen Kultur entfällt für solche Kulturbereiche beziehungsweise Privilegien jegliche Basis, sie verschwinden ganz.

Die Vernichtung der kulturellen Privilegien wird also dadurch erreicht, dass die Funktionsprinzipien, die kulturelle Privilegien betreffen, möglichst schnell formal realisiert werden. Das ist zuerst ein Akt kommunistischer Machtausübung, indem die Kommunisten die Gesellschaft in ihrem Sinne kulturell überprägen. Da aber das neugeschaffene Sein das Bewusstsein der Menschen bestimmt, und da die kommunistischen Prinzipien sich selbst reproduzieren, hört die kommunistische Kultur schließlich auf, etwas Formales zu sein, sie wird zur akzeptierten, gewollten und gelebten Kultur der gesamten Gesellschaft.

Die Negation der kulturellen Macht ergibt sich dadurch, dass die kulturell Unterprivilegierten quantitativ und qualitativ und die kulturell Privilegierten qualitativ kommunistisch kulturell gefördert werden, bis das privilegierte Kulturniveau mit dem gesamtgesellschaftlichen Kulturniveau identisch wird.

Das ist das kulturelle Element der konstruktiven Hauptetappe der kommunistischen Gesellschaft. Es zeigt, dass die kommunistische Kultur eine Weiter- und Höherentwicklung der bisherigen Kultur ist. Die Kommunisten ergreifen zwar sozial, ökonomisch und politisch die Partei der Ausgebeuteten und der Werktätigen, also der gesellschaftlich Unterprivilegierten. Aber die kommunistische Kultur verliert sich nicht in Bewunderung für die teilweise unterentwickelte Kultur niedriger gesellschaftlicher Schichten, sie ist kein Proletarismus. Statt dessen möchten die Kommunisten gerade den kulturell weniger entwickelten Menschen den Weg zur Hochkultur öffnen, ihnen die kulturelle Entfaltung ihrer Individualität sichern.

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e) Die kommunistische Negation der militärischen Macht

Nach der kommunistischen Revolution verfügen die Kommunisten in jedem Fall auch über militärische Macht. Da Ausbeuter in einer Ausbeutergesellschaft militärische Macht zur Unterdrückung der Ausgebeuteten bereithalten, und da sie auch während oder nach einer erfolgreichen kommunistischen Revolution noch militärische Mittel zur Konterrevolution wählen könnten, muss jede kommunistische Revolution, je nach Variante auf unterschiedliche Art, militärisch gesichert werden. Die Notwendigkeit dieser militärischen Sicherung wird mit dem Übergang zur kommunistischen konstruktiven Hauptetappe eher eine Frage der Justiz und erlischt in dem Maße, wie die politische, ökonomische und kulturelle Macht abgebaut wird. Nach innen ist militärische Macht dabei also nur noch ein einzelnes Element der politischen Macht.

Umfaßt die kommunistische Revolution allerdings nicht das gesamte von Menschen bewohnte Territorium, existieren außer der kommunistisch orientierten und eventuell einer bereits kommunistischen Gesellschaft noch Ausbeutergesellschaften, so wird auch noch militärische Macht nach außen benötigt. Da Ausbeutergesellschaften auf Ausdehnung ihrer Ausbeutung bedacht sind, auch mit militärischer Gewalt, besteht eine Notwendigkeit zum militärischen Schutz, wie vom kommunistischen Militärwirkungsprinzip beschrieben. Diese Notwendigkeit kann nicht durch die innere Entwicklung einer kommunistisch orientierten Gesellschaft beseitigt werden. Die Negation dieser militärischen Macht kann erst im weltweiten Rahmen erfolgen. Erst wenn die letzte Ausbeutergesellschaft den Weg zur kommunistischen Gesellschaft eingeschlagen hat, also erst wenn die letzte äußere militärische Bedrohung beseitigt ist, kann auch vollständig auf militärische Macht verzichtet werden.

Allerdings kann schon vorher bereits militärische Macht abgebaut werden, indem die kommunistische beziehungsweise kommunistisch orientierte Gesellschaft stärker wird und wenn die Ausbeutergesellschaften dazu gebracht werden können, teilweise auf ihre militärische Macht zu verzichten. Entscheidend ist aber in jedem Fall, dass hier nicht die kommunistische konstruktive Hauptetappe einer einzelnen kommunistisch orientierten Gesellschaft gefragt ist, sondern aller wechselwirkenden Menschen. Da kommunistische präparative und revolutionäre Hauptetappe gesetzmäßig entstehen, erreicht schließlich jede Gesellschaft, die lang genug überlebt, die kommunistische konstruktive Hauptetappe. Damit ist gesichert, dass zumindest schrittweise alle Ausbeutergesellschaften beseitigt und durch kommunistisch orientierte Gesellschaften und schließlich eine einzige kommunistische Gesellschaft ersetzt werden können.

Die Negation der militärischen Macht ergibt sich dadurch, dass sich der Kommunismus in immer mehr Gesellschaften durchsetzt und schließlich die kommunistische Gesellschaft mit der gesamten menschlichen Gesellschaft identisch wird.

Das ist das militärische Element der konstruktiven Hauptetappe der kommunistischen Gesellschaft. Es ist nur dann vorhanden, wenn eine kommunistische Revolution in einem unter vielen Ländern stattfindet. Es beschreibt dann eine starke Belastung der kommunistisch orientierten beziehungsweise kommunistischen Gesellschaft, die sich zusätzlich zu ihren eigenen Problemen auch noch mit den Problemen herumschlagen muss, die andere ihr bereiten. Diese Belastung wirkt in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens, ökonomisch, politisch und kulturell. Insofern ist es viel günstiger, diese Belastung von vornherein auszuschließen, indem statt vieler nationaler eine Weltrevolution durchgeführt wird, was dem kommunistischen Grundprinzip der Gemeinschaftlichkeit sehr entsprechen würde. Leider ist die Wahrscheinlichkeit außerordentlich gering, dass gleichzeitig in allen nationalen Ausbeutergesellschaften die Möglichkeit zur kommunistischen Revolution entsteht. Daher würde es dem kommunistischen Grundprinzip der Bewusstheit widersprechen, die Chance einer nationalen kommunistischen Revolution zu vergeben und damit die Ausgebeuteten des betreffenden Landes weiterhin der Ausbeutung zu unterwerfen, nur um auf eine wahrscheinlich nie eintretende Chance zur Weltrevolution zu warten.

 

 

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