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Manipulism

We are of the opinion, that in the developed exploiter states today capitalism does not dominate any more, but that a new social order began. Our position about this is described in the following article first published in our newspaper, The red Virus, by our pricoordinator Tec Dian.

 

 

The reality

Capitalism is used in today's language mostly only as a swearword for bad style of single profiteers in our otherwise more or less well functioning social market economy. Von gelegentlichen Konflikten abgesehen, die zum Spiel dazugehören, herrscht Solidarität zwischen den Klassen, insofern es sie überhaupt noch gibt, denn "Arbeitgeber" und "Arbeitnehmer" sitzen im gleichen Boot. So sieht die offizielle Fassade einer Gesellschaft aus, die sich auf verschiedenste Art selbst beschreibt.
Postindustrielle Gesellschaft wird sie genannt, weil die Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr in der Industrie, sondern im Dienstleistungsbereich arbeitet. Informationsgesellschaft sei sie, weil Informationen einen Stellenwert erreicht haben, der über die Existenz einer Firma und eines Menschen entscheidet. Das betrifft technische, administrative und ökonomische Informationen ebenso wie Medien zur Werbung und zur ganzen Lebens- und Freizeitgestaltung. Und wegen Letzterem heißt sie auch Freizeitgesellschaft, denn die immer größer werdende Freizeit der Masse der Beschäftigten, gar nicht zu reden von den Arbeitslosen, ist zu einem der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren geworden. Die wahnsinnig gestiegene Arbeitsproduktivität hat mit dieser Freizeit die Möglichkeit und im Interesse des Profits auch die Notwendigkeit geschaffen, neue Bedürfnisse zu erfinden und so völlig neue Wirtschaftsbranchen und damit Einnahmequellen aufzubauen. Damit ist man dann bei der Innovationsgesellschaft.
Nun kann man natürlich alles, was hinter solchen Begriffen steht, vom Tisch wischen. Man kann sich weiter mit den mehr oder weniger bewährten Schemata des Kapitalismus begnügen und alles andere als unwesentliche Abweichungen ignorieren. Aber dann muss man sich gleichzeitig auch wundern, wieso der doch eigentlich veraltete Kapitalismus nicht schon längst untergegangen ist, sondern sich eher zu neuer Blüte aufgeschwungen hat.
Doch wenn man die Gesellschaft verbessern will, darf man gesellschaftliche Veränderungen nicht ignorieren. Die Gesellschaft ist ein lebender Organismus, sie verändert und entwickelt sich nach bestimmten Gesetzen, die man kennen muss, wenn man sinnvoll handeln will. Und diese Gesetze findet man nur, indem man die gesellschaftliche Realität untersucht, nicht indem man sie ignoriert und sie sich so zurecht biegt, dass sie auf vorhandene Theorien zu passen scheint.
Wie man im Harenberg Kompakt-Lexikon nachlesen kann, ist Marx' Theorie eine "brillante Analyse der zeitgenössischen Nationalökonomie". Dies ist ein feststehender Fakt, an dem es keinen Zweifel gibt. Die kapitalistische Gesellschaft seiner Zeit war durch Marx hervorragend wissenschaftlich erklärt worden. Seine Theorie des Kapitalismus ist im Wesentlichen korrekt. Und auch heute noch kann vieles in unserer und anderen Gesellschaften damit erklärt werden, aber eben bei weitem nicht mehr alles. Wenn man beides akzeptiert, kann es nur noch eine Schlussfolgerung geben: die Gesellschaft hat sich wesentlich verändert - aus der kapitalistischen Gesellschaft ist eine neue Gesellschaft geworden, die nach neuen Gesetzen funktioniert und eine neue Erklärung benötigt. Was für eine Gesellschaft ist das? Und welche Gesetze beherrschen sie? Ist sie tatsächlich so schön, so sozial, so freiheitlich, so menschenfreundlich und so zukunftssicher wie ihre Befürworter behaupten?
Wenn man diese Gesellschaft verstehen will, darf man nicht kritiklos auf jeder These des Marxismus beharren, egal wie unpassend sie ist. Das hat nichts mit Revisionismus zu tun, denn es geht nicht darum, seine Thesen zu verwerfen, sondern sie zu erweitern. Ebenso darf man nicht auf den auch unter Linken herrschenden antikommunistischen und antirevolutionären "Zeitgeist" hereinfallen und alles bedenkenlos nachplappern, was die heutigen Machthaber über unsere Gesellschaft sagen (lassen). Nur selber denken macht schlau!
Gibt es noch Klassenkampf? Ja, gibt es überhaupt noch Klassen? Wie ist das mit der Ausbeutung? Lässt sich diese Gesellschaft reformieren oder ist immer noch eine gesellschaftliche Revolution nötig? Ich kann und will hier auf solche Fragen keine endgültigen Antworten geben, aber ich kann zeigen, dass es notwendig und sinnvoll ist, sie zu stellen und dass es möglich ist, sie wissenschaftlich zu beantworten.

 

The idea

Der Gedanke, hinter den modernen Entwicklungen in den hochentwickelten Ausbeuterstaaten könnte mehr stecken als nur eine neue Variante des Kapitalismus, entstand eher zufällig. Bei dem Versuch der Einteilung der Ausbeutergesellschaften nach formalen Merkmalen ergab sich ein Loch - eine Ausbeutergesellschaft, die es scheinbar noch nicht gegeben hatte. Wird die Art des Zwanges, den die Ausbeuter als Hauptmachtmittel nutzen, als Merkmal zur Unterscheidung von Ausbeutergesellschaften verwendet, ergibt sich zuerst die Einteilung in direkten und indirekten Zwang. Ausbeutergesellschaften mit direktem Zwang lassen sich weiter danach unterscheiden, ob der direkte Zwang durch willkürliche, materiell bestimmte Gewalt oder durch ideell geregelte Gewalt ausgeübt wird - Sklaverei und Feudalismus. Analog besteht die Möglichkeit, Ausbeutergesellschaften unter indirektem Zwang ebenfalls nach materieller und ideeller Gewalt zu unterscheiden. Der erste Fall ist ökonomische Gewalt - der altbekannte Kapitalismus. Der zweite Fall jedoch schien nicht zu existieren, eine rein formalistische Konstruktion ohne Bezug zur Wirklichkeit.
Da indirekter ideeller Zwang Manipulation ist, wurde diese hypothetische Ausbeutergesellschaft Manipulismus genannt. Mit solchen künstlichen Begriffen ist es eigenartig - man mag sie nicht! Nur Dummköpfe erfinden gern neue, möglichst kompliziert klingende Begriffe, die niemand außer ihnen versteht. Und deshalb versucht man jedesmal, wenn man einen solchen Begriff verwenden muss, sich mit wortreichen Erklärungen dafür zu entschuldigen. Doch um etwas erklären zu können, muss man darüber nachdenken.
Je mehr ich über den Manipulismus nachdachte und nach Beispielen suchte, was man sich darunter vorzustellen hätte, desto mehr fiel mir auf, dass sich erstaunlich viele meiner Beispiele in unserer heutigen Gesellschaft finden. Sollte es vielleicht doch nicht nur ein Formalismus sein? Ich wurde stutzig, schließlich neugierig und forschte nach. Zuerst staunte ich darüber, dass wohl tatsächlich eine neue Gesellschaft begonnen hatte. Inzwischen erschrecke ich, wenn ich daran denke, wie weit wir auf diesem Weg schon fortgeschritten sind.
Plötzlich ließen sich viele Dinge ganz zwanglos erklären, die im Rahmen der Kapitalismustheorie einfach nicht zu erklären waren. Plötzlich wurde aber auch die Richtung deutlich, in die wir alle gehen, eine Richtung, die mir gar nicht gefällt.

 

The facts

a) The property

Im frühen Kapitalismus scheint alles so schön klar und geordnet. Auf der einen Seite stehen die Kapitalisten als Eigentümer der Produktionsmittel, auf der anderen Seite die Arbeiter, zwar juristisch frei, jedoch auch frei von Eigentum. Damit ist auch die Rollenverteilung im System der Ausbeutung klar.
Doch schon im staatsmonopolistischen Kapitalismus, dem Fiskalismus, gerät dieses einfache Schema ins Wanken. Plötzlich ist der Staat und damit in einer modernen bürgerlichen Demokratie nominell das Volk Großeigentümer. Viele Arbeiter werden mit Hilfe des Staates mittelbare Eigentümer ihrer Produktionsmittel - so sagt man ihnen zumindest. Doch ausgebeutet werden sie immer noch, was daran zu sehen ist, dass ihre Produktionsleistung nach wie vor höher ist als ihr Einkommen. Wohin also sind die Ausbeuter verschwunden?
Inzwischen hat sich diese Frage weiter verschärft und auch auf die "Privatwirtschaft" ausgedehnt. Wem gehört eigentlich die Deutsche Bank oder die Siemens AG? Sicher gibt es nach wie vor Großeigentümer, die mit ihren Riesenvermögen ganze Firmen besitzen oder zumindest kontrollieren. Aber ein bedeutender und immer größer werdender Anteil des Aktienkapitals der Großkonzerne ist gestreutes Kapital. Über Belegschaftsaktien, Vermögensbildung, Kapitalversicherungen und andere Sparformen sowie Wertpapierfonds sind große Teile der arbeitenden Bevölkerung formal Miteigentümer der großen Produktionsmittel, über Staatsbeteiligungen sogar auch noch der letzte Obdachlose! Die kapitalistische Trennung in besitzende Ausbeuter und besitzlose Ausgebeutete scheint aufgehoben.
Doch der Schein trügt. Die Lösung des Rätsels liefert ein Blick auf die Frage, was Eigentum eigentlich ist. Eigentum ist das Verfügungsrecht über materielle (und ideelle) Güter. Aber es gibt sehr verschiedene Möglichkeiten, über ein und dasselbe Gut zu verfügen. Deshalb haben sich in jeder Ausbeutergesellschaft abgestufte Eigentumsformen entwickelt, die die Verfügungsrechte an einem Gut auf mehrere Personen aufteilen; und es existieren ebenso viele Bezeichnungen, die diese Eigentumsstufen gegeneinander abgrenzen. In der BRD werden im Wesentlichen drei Eigentumsstufen formal juristisch unterschieden: 1.) das staatliche Hoheitsrecht (gesetzliche Nutzungsbeschränkungen, Recht auf Steuern); 2) das "Eigentum" (die rechtliche Herrschaft über eine Sache, z.B. eines Hausbesitzers, der sein Haus vermietet); 3) der "Besitz" (die tatsächliche Herrschaft über eine Sache, z.B. eines Mieters, der eine Wohnung in diesem Haus mietet).
Nur eine dieser drei Stufen wird im Gesetz tatsächlich als Eigentum bezeichnet. Das ist Ausdruck einer allgemeinen Erscheinung in Ausbeutergesellschaften, der Trennung von Eigentumsattribut und -funktion. Das bedeutet, dass der formal so genannte Eigentümer nicht unbedingt mit dem identisch ist, der die Eigentumsrechte auch tatsächlich ausübt.
In einer großen Aktiengesellschaft entscheidet das Management, nicht die Aktionäre. Die Aktionäre dürfen auf seltenen Aktionärsversammlungen über einige wenige Dinge abstimmen. Welche Informationen sie dazu bekommen und worüber sie abstimmen, entscheidet aber im Allgemeinen das Management. Die meisten Kleinaktionäre oder Menschen, die ihr Geld über Versicherungs- oder Anlagefirmen investiert haben, erscheinen gar nicht erst oder haben gar kein eigenes Stimmrecht, sondern überlassen ihre Entscheidungsrechte dem Management dieser Firmen. Der Besitzer einer Aktie der Deutschen Bank hat in der Realität nicht die geringste Möglichkeit, "seine" Bank nach seinen Vorstellungen zu beeinflussen. Die Macht liegt beim Spitzenmanagement des Konzerns. Aufgrund ihrer Verfügungsrechte sind es diese Leute, die selbst noch bei einem Konkurs der Firma und damit einem völligen Kapitalverlust der formalen Eigentümer mit Spitzengehältern und Sonderzuwendungen nach Hause gehen.
Das Gleiche gilt auch für Politiker, die "Manager des Staates", die sich ungeachtet der Höhe der Staatsverschuldung über Steuern ihre Taschen mit unglaublich hohen Diäten, Ministergehältern, Pensionen, "Aufwandsentschädigungen" und natürlich auch Bestechungsgeldern füllen. Und es gilt ebenso für Gewerkschaftsspitzenfunktionäre, die das Geld der Gewerkschaftsmitglieder kassieren, aber in Lohnverhandlungen das Spiel der Bosse mitspielen, um ihre Einkunftsquellen nicht zu gefährden.
Dahin also verschwindet die Differenz zwischen Produktionsleistung und Arbeitslohn. Damit ist also geklärt, dass das "neue Kapitaleigentum" der arbeitenden Massen nur ein, wenn auch recht wirksamer, Betrug ist. Die Trennung in Ausbeuter und Ausgebeutete wird dadurch nicht aufgehoben, sie hat nur ihre Form gewechselt. Die Ausbeuter mobilisieren jetzt nicht mehr nur die Arbeitskraft der Ausgebeuteten, sondern auch deren Kapital - im Einzelfall zwar gering, in der Masse aber riesig - für die Verwertungsbedürfnisse der Ausbeuter, indem sie die Ausgebeuteten so manipulieren, dass sie ihren mühsam verdienten Lohn gleich wieder als Investmittel zur Verfügung stellen.
Waren die Arbeitenden in Sklaverei und Feudalismus selbst Eigentum, so wurden sie im Kapitalismus frei. Heute sind sie sogar selbst zu Eigentümern geworden. Doch auch diesmal blieb die Ausbeutung erhalten, änderte nur ihre Form, versteckte sich bloß noch besser. Aus dem Kapitalismus ist Manipulismus geworden. Den Arbeitenden wird durch Einbeziehung in undurchschaubare Eigentumsstrukturen eine ökonomische Freiheit suggeriert, die tatsächlich immer noch nur eine kleine Gruppe besitzt, die neue Ausbeuterklasse, deren Kern das Spitzenmanagement ist. Dabei dient die Manipulation der Ausgebeuteten nicht mehr nur als Mittel zur Ruhigstellung, sondern als universeller Motor der Ausbeutung, wie das Folgende zeigt.

 

b) The classes

Nachdem aus dem Feudalismus der Kapitalismus geworden war, gab es immer noch Großgrundbesitzer und Bauern, aber sie waren nicht mehr die Hauptklassen. Das waren nun Kapitalisten und Arbeiter. Nach dem Übergang zum Manipulismus gibt es diese ebenso immer noch, aber die neuen Hauptklassen sind Manipulisten und die nicht Gebrauchswert schaffenden Dienstleistenden.
Manipulisten sind Menschen mit der Macht, anderen Menschen Meinungen, Bedürfnisse, Gedanken, Handlungen, ja sogar einen ganzen Lebensstil ohne deren Wissen aufzuzwingen. Das ist die Macht, sich durch Lüge, Betrug und Heuchelei weitere Macht, Geld und Einfluss anzueignen. Zu dieser Klasse gehören Manager, Politiker, Medienbetreiber (Fernsehen, Zeitungen, Computernetze), Werbefachleute und Ähnliche.
Die neue ausgebeutete Klasse ist keine produktive Klasse mehr, wie die Arbeiter oder Bauern. Sie befasst sich mit solchen für die Versorgung und den Fortschritt der Menschheit eigentlich völlig unnötigen Dingen wie Steuerberatung, zum Kult erhobenem Verkauf, immer verwickelteren Finanzdienstleistungen und jeder Menge Bürokratie. Immer mehr Menschen arbeiten in Ämtern, Behörden und Verwaltungen an aufgeblasenen Genehmigungsverfahren, Antragsbearbeitungen, Statistiken, Standardisierungen und Überprüfungen. Der Sinn solcher "Arbeit" liegt nicht mehr in der Schaffung von Gebrauchswert, der sich dann durch Verwertung auf dem Markt in Profit verwandeln lässt. Die Aufgabe der Dienstleistenden in den genannten Bereichen besteht statt dessen darin, den Manipulisten das Geld anderer Leute zu verschaffen, ihre Gegner im Kampf darum zu behindern und ihnen Vorteile bei der Bereicherung durch Giralgeldschöpfung zu verschaffen.

 

c) The money

Egal worum es geht, im Kapitalismus ist alles eine Frage des Preises. Waren, Menschen, Liebe, Zeit - alles scheint man für Geld zu bekommen. Im "Kapital" von Marx kann man nachlesen, dass Geld nur ein anderer Ausdruck für Gold ist und dass deshalb der Wert des Geldes von der Goldproduktion (und dem Goldgehalt des Geldes) abhängt. Doch ähnlich wie bei der Frage des Eigentums sind diese einfachen Zeiten spätestens seit der großen Inflation von 1923 vorbei.
Moderne Währungen bestehen nicht mehr aus edlen Metallen und basieren noch nicht einmal mehr auf einem staatlich garantierten Austauschverhältnis gegen Gold oder Ähnliches. Solche alten Festwährungen bremsten die spekulative Kapitalvermehrung und wurden deshalb durch Fließwährungen ersetzt. Bei diesen hat Geld überhaupt keinen inneren, realen Wert mehr, der es gegen andere Waren austauschbar macht. Ein Geldschein ist heute kein Gutschein für eine bestimmte Menge Gold, sondern tatsächlich nur ein bedrucktes Stück Papier. Sein Wert ist nur noch imaginär. Er ergibt sich ausschließlich aus der allgemeinen Akzeptanz der betreffenden Währung als allgemeines Tauschobjekt. Diese Akzeptanz basiert umgekehrt wiederum auf dem (imaginären) Wert des Geldes. Bei einer Fließwährung bedingen Akzeptanz und Wert des Geldes einander in einem dialektischen Wechselverhältnis. Sinkt die Akzeptanz, sinkt auch der Wert, und umgekehrt, ohne dass es irgendwelcher realer ökonomischer Hintergründe bedarf.
Indem aus realem Geld imaginäres Geld wird, wird aus dem Kapitalismus Manipulismus. Hier ist nicht mehr das tatsächliche in Gold messbare und vollständig in Waren tauschbare Kapital wichtig, sondern die Macht, den Rest der Welt, aber auch sich selbst, einzureden, dass nicht irgendwelche konsumierbare Waren, sondern Geld der eigentliche Wert ist, also alle so zu manipulieren, dass eigentlich nutzlose bunte Papierfetzen im Tausch gegen Konsum- und Produktionsmittel akzeptiert werden. So wird es möglich, durch Währungsspekulation ohne jede Produktion wiederum Geld zu verdienen.
So beginnt zwar der Manipulismus, aber das ist noch nicht die augenblickliche Spitze seiner Entwicklung. So wie die Festwährungen die spekulative Kapitalvermehrung behindert haben und daher durch Fließwährungen ersetzt wurden, so behindert die Beschränkung auf Bargeld die girale Kapitalvermehrung. Deshalb funktioniert eine moderne Wirtschaft heute nicht mehr auf der Basis von Bargeld. Die absolute Mehrheit aller Zahlungen, einschließlich der Lohnzahlungen, erfolgt bargeldlos. Der Grund dafür scheint Bequemlichkeit zu sein. Die Wirklichkeit ist aber, dass der bargeldlose Verkehr es ermöglicht, Geld im wahrsten Sinne des Wortes zu "machen", ohne es zu drucken (was ja nur den wenigsten Menschen erlaubt ist).
Die Mechanismen sind relativ einfach und gehorchen folgendem Schema. Eine Bank erteilt einem Menschen oder einer Firma einen Kredit. Der Betrag wird dessen Konto gutgeschrieben. Die Schulden des Kreditnehmers liegen bei der Bank fest, werden also nicht im Wirtschaftssystem wirksam. Der Kreditbetrag jedoch steht dem Kreditnehmer zur Verfügung, er kann damit bezahlen, und zwar ohne dass die Bank tatsächlich das verborgte Geld besitzen muss, solang der Kreditnehmer sich nichts auszahlen lässt, sondern bargeldlose Zahlungen auf andere Konten leistet - Konten, die ebenfalls nur auf dem Papier, oder im Bankcomputer, existieren.
Somit kann die Kreditsumme tatsächlich als Geld wirtschaftlich wirksam werden, ohne tatsächlich zu existieren - und die Bank hat das Kunststück geschafft, neues umlaufendes Geld zu produzieren: Giralgeld. Zwar existiert dieses Geld nicht physisch, sondern nur rechnerisch. Aber ebenso wie bei der Fließwährung kommt es nur darauf an, dass dieses Geld akzeptiert wird. Übrigens: wird es nicht (mehr) akzeptiert, gehen Bank oder Kreditnehmer Pleite, oder die Währung verliert an Wert. Das ist auch der Grund dafür, diese Methode des Verdienens nicht zu übertreiben oder sie zumindest hinter vielfältigen Varianten und Zwischenstufen zu verbergen. Denn wie jede Manipulation funktioniert auch diese nur solange, wie die betroffenen Menschen nicht misstrauisch werden.
Diese tolle Methode der Geldproduktion hat bis heute in Staaten wie der BRD dazu geführt, dass das Giralgeld den Hauptanteil des umlaufenden Geldes ausmacht. Das imaginäre Papiergeld, das keinen inneren Wert besitzt, wurde im Wirtschaftskreislauf durch Geld ersetzt, das zusätzlich dazu noch nicht einmal physisch existiert. Aus dem realen Geld des Kapitalismus ist im Manipulismus doppelt imaginäres Geld geworden.

 

d) The advertisement

Es ist noch gar nicht solang her, da konnte noch niemand etwas mit dem Begriff "Snowboard" anfangen - heute ist Skifahren nicht mehr genug. Und auch die Rollschuhe bleiben im Schrank, denn jeder braucht nun unbedingt Rollerblades. Gestern noch war man stolz auf sein geliebtes Auto, heute braucht jeder mindestens einen Zweitwagen für den Stadtverkehr. Sein ganzes Leben hat man gelebt, ohne auch nur vom immerhin mehrere Jahrzehnte alten Internet gehört zu haben - plötzlich ist ein Leben ohne Computer und ohne "Surfen" nicht mehr vorstellbar.
Es geht hier nicht darum, jemandem den Spaß zu verderben. Es geht hier auch nicht darum, die einzelnen genannten Dinge zu kritisieren. Hier geht es nur um Beispiele dafür, dass durch Werbung neue Bedürfnisse erzeugt werden, die ohne Werbung nicht oder nicht in diesem Umfang existieren und auch nicht vermisst würden.
Der Einfluss der Werbung auf das Konsumverhalten der Menschen, auf ihre Gedanken, ihr Schönheitsempfinden, ja selbst ihre Moral, ist inzwischen enorm, besonders durch den Massenkonsum von Werbesendungen über das Fernsehen. Sogar Kriege werden heute durch Werbung ermöglicht und gewonnen, wie der Golfkrieg der USA gegen den 'Iraq zeigt. Dort beauftragte die US-Regierung eine Werbefirma, für eine positive Kriegsstimmung unter der Bevölkerung zu sorgen. Das gelang durch "aufbereitete" und Falschinformationen so hervorragend, dass sogar die UNO auf ihre falschen Zeugen hereinfiel.
Die Menschen werden heute umfassend manipuliert. Damit hat man sie meist gut im Griff. Der Trick dabei ist, dass es die Menschen nicht merken und sich daher nicht dagegen wehren können. Im Gegenteil, bei den meisten Menschen funktioniert es so gut, das sie es nicht glauben und wütend werden, wenn man ihnen beweist, dass ihre Meinungen gar nicht ihre eigenen sind.
Werbung gilt vielen als harmlos, bestenfalls noch als lästig, mehr aber auch nicht. Sie wird sogar zu einer Art Kultur aufgebaut: es gibt schon Sendungen, die Werbespots "nur" zur Unterhaltung bringen, als eine Art moderne Kurzfilme. Kaum einer gibt zu, dass sein Kaufverhalten ebenso von der Werbung geprägt ist, wie seine Sprechweise, seine Gestik, seine Kleidung. Für die Wenigen, die das erkennen, reicht das Stichwort "Barbie-Puppe".
Die Werbung zeigt, wie man sein muss: "jung, dynamisch und erfolgreich" - "cool, just for fun" - und natürlich "reich und schön", je nach persönlicher sozialer Stellung und Situation. So wird man fit gemacht für die widerstandslose Eingliederung in die Karriere im Dienste der Manipulisten oder ruhig gestellt im Falle der Erfolg- und Arbeitslosigkeit.
Die Werbung ist der offensichtlichste Ausdruck des Herrschaftsmittels, das für den Manipulismus am typischsten ist: die ideelle Gewalt. Im Kapitalismus war Werbung nur eine Ergänzung, denn man fand seine Kunden auch so, weil es jede Menge tatsächlichen Bedarf gab. Im Manipulismus ist Werbung zu einer der Hauptwaffen im Klassenkampf und im Konkurrenzkampf um Profit und Macht geworden.

 

The future

Über den Manipulismus gibt es noch keine vollständige und ausgereifte Gesellschaftstheorie. Aber die hier gezeigten Facetten sind recht gut in der Lage zu zeigen, dass unsere heutige Gesellschaft längst kein Kapitalismus mehr ist und nach welchen Regeln in dieser Gesellschaft gespielt wird. Damit ist die Aufgabe dieses Artikels eigentlich erfüllt, aber ich möchte trotzdem noch andeuten, welche erschreckenden Perspektiven sich ergeben, falls unsere Gesellschaft auf diesem Weg nicht aufgehalten wird.
Bisher haben wir es mit Typen der Manipulation zu tun, gegen die man sich zumindest theoretisch wehren kann. Fernsehwerbung kann man abschalten. Zeitungsmeldungen und Nachrichten kann man analysieren und so Lüge von Wahrheit und Manipulation von Information trennen. Aber zumindest denkbar sind bereits Formen der Manipulation, gegen die man sich nicht wehren kann.
Bei dem Begriff Manipulation denkt man heute eigentlich nicht zuerst an geistige Beeinflussung, sondern an genetische Manipulation von Lebensmitteln. Wo das möglich ist, ist auch die genetische Manipulation von Menschen nicht mehr unmöglich. Nach der Entdeckung der Kernkraft war die Atombombe leider schon sehr bald keine Utopie mehr, sondern schreckliche Wirklichkeit. Und so könnte es uns auch mit der Horrorvision des körperlich und geistig konditionierten Menschen gehen. Ein perfekt gehorchender Soldat ohne Skrupel? - Bitte sehr, geklont im Dutzend billiger! Ein Wissenschaftler, der nicht über den Missbrauch seiner Entdeckungen nachdenkt? Ein Arbeiter, der nicht über schlechte Arbeitsbedingungen und niedrige Bezahlung klagt und sich bei Arbeitslosigkeit ruhig verhält? Eine perfekte Ehefrau, pflegeleicht blöd, aber fleißig und sexy? Natürlich alles nur für den, der es sich leisten kann.
Heute mögen das noch Horrorvisionen sein, aber das Kind aus dem Katalog der Samenbank ist bereits real. Wie weit sind wir noch von "Blade Runner" entfernt? Geistige Programmierung durch "Hypnosestrahlen" oder ähnlich utopisch klingende Dinge mögen heute noch nur Stoff für Filme und Computerspiele sein. Aber ich sehe, was bereits jetzt in unserer Gesellschaft alltäglich ist, und das macht mir Angst. Deshalb suche ich nach einem Weg in eine andere Zukunft. Es muss einen geben …

 

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